Wer? Wie? Was?

Wer?
Mehrere Personen, die in Hamburg ansässig sind.

Wie?
Organisiert als Gruppe unter dem Label reproducts.

Was?
Gemeinsam Dinge jenseits ökonomischer Notwendigkeit tun und bei Bedarf einer Öffentlichkeit vorstellen.

Wiesoweshalbwarum?
Weil wir alles wollen und das Notwendige nicht alles ist.

Ein reproducts-Mitarbeiter bei einer der Hauptaktivitäten der Gruppe:
konsequente Realitychecks

Angefangen hat alles irgendwo in den 70er bis 90er Jahren, vor allem aber in den späten 80ern. Und obwohl Kern der späteren Aktivitäten Hamburg sein sollte – und bis heute ist –, entschieden es die Musen im Herbst 1987, dass die Mitglieder von reproducts in spe alle in München in einer Fabriketage aufeinander treffen sollten. Der Tod von Hans Rosenthal, einer Fernsehikone der damaligen Zeit und ein bis heute kopierter Spiele-Erfinder und TV-Showmaster, veranlasste die loftige Gesellschaft ebenso spontan zu der Nachstellung einer Dalli Dalli!-Show aus der gemeinsamen Erinnerung. Man war jung, hatte nichts vor und eine der Freundinnen besaß eine VHS-Kamera – was konnte uns aufhalten? Obendrein hing neben der Eingangstür ein Garderobenrest, der an die Wabenwand im Dalli Dalli-Studio erinnerte. Zwei Teppichreste für die Koteletten, ein paar gelbe Sterne aufs Sakko - schon konnte es losgehen.

Die kollektive Trauerarbeit schweißte zusammen und so blieb man in Kontakt. 1989 haben mehrere dieser Einzelpersonen dann die Gruppe gegründet. Damals noch ohne Namen. Ein gemeinsames Interesse einte die unterschiedlichen Charaktere: Dinge zu tun, die gemeinhin unter dem Begriff „Kunst“ laufen, die aber armfrei außerhalb der Zwangsjacke des Kunstbetriebes ohne Auftrag und ohne konkreten Verwendungszweck geschaffen werden. Sicherlich um die Dinge auch einmal einer Öffentlichkeit zu präsentieren, nicht aber notwendigerweise. Eine Maximale Unabhängigkeit, die vor allem anderen auch einen ungeheuren Luxus beinhaltet: die Freiheit, Schweigen zu können.

„Luxus“ ist ohnehin in der Geschichte von reproducts ein entscheidender Begriff. Dank einer mehr als großzügigen Erbschaft eines der Mitglieder, die zu Teilen in eine interne Stiftung umgewandelt wurde, war es der Gruppe möglich, eine gigantische Zentrale in Tötensen zu beziehen – ein Speckgürteljuwel unweit von Hamburg.

Hier wurde bis 2010 akribisch das mediale Geschehen in Deutschland verfolgt, nach den von der Gruppe definierten Kriterien gesiebt und anschließend archiviert. Endlose Mengen von Videoaufzeichnungen, Zeitungsausschnitten, Schulheften, Flyern und allen möglichen anderen – vor allem analogen – Posts einer Gesellschaft häuften sich in den Lagerräumen. Teils als disparate Sammlungen, deren Sinn noch nicht klar war, wo nur ein unbestimmtes Gefühl herrschte, dass diese Dokumente eines Tages von Wichtigkeit sein würden. Teils sind sofort neue Dinge aus den Fundstücken synthetisiert worden. Ein Niederschlag davon findet sich heute auf Portalen wie YouTube oder SoundCloud.

Ein Schaukasten mit TV-Devotionalien
im Eingangsbereich der alten reproducts-Zentrale

Nach der Jahrtausendwende aber änderte sich die Einstellung zum Archiv, dem Herzstück von reproducts. Das Sammeln von Gegenständen wurde mit jedem Tag des rasanten technischen Fortschritts absurder. Doch – wie bei jedem anderen, klassisch-ökonomisch orientiertem Betrieb – ist der Paradigmenwechsel bei laufender Produktion kein leichter. Die Digitalisierung des bestehenden Archivs hat die Jahre nach 2010 praktisch vollständig bestimmt.

Mittlerweile sind alle Dokumente auf einem Raid-System aus 1000 der oben abgebildeten Festplatten gespeichert, die Zentrale in Tötensen wurde in ein Schwimmbad umgewandelt, und die Mitglieder der Gruppe haben von überall auf der Welt Zugriff auf das Archiv von reproducts.

Mental aber haben sich alle in die Burg zurück gezogen und denken, jeder und jede für sich, nach, was mit diesem Archiv geschehen soll.

Das wird die Zukunft zeigen.
Bis dahin heißt es: