Grüße & Beschwerden

2008
Multimedia-Performance, 70 Minuten

»Grüße & Beschwerden« stellt eine Vorarbeit zu dem Projekt »Plain Complaints« dar. Zwar gibt es für viele Menschen überall einen Anlass, sich zu beschweren, doch besonders im Urlaub treffen zwei Diskurse höchst unterschiedlicher Art in Tateinheit auf: die stichwortartigen, lapidaren, austauschbaren Grüße an die Zurückgebliebenen aus irgendeiner Bucht, von irgendeinem See oder aus irgendeinem Hotel – und die ausufernd-minutiösen Schilderungen der Umstände der Missstände, die die „schönsten Tage des Jahres“ vermiesen. Aber natürlich lauern die Kristallisationskerne der Enttäuschungsgewitter auch im eigenen Haus: kaputte Waschmaschinen oder defekte Kaffeevollautomaten – der Mensch in einer Welt goliathischer Maschinen als ein David, dessen einzige Schleuder der Beschwerdebrief ist. Um die Ernsthaftigkeit des Anliegens zu dokumentieren mit dem Füller geschrieben von verkümmerten Händen, die sonst nur noch mit Kuli Satzrudimente auf Postkarten klieren. Die Mission der Übergangenen: gehört zu werden.

Auf Einladung von Krischa Weber und Katrin Weiland generiert reproducts erneut ein Programm aus dem Archiv. Dafür wird das Dienstzimmer des Altonaer Bürgermeisters zur „Post- und Beschwerdestelle“. Was gehen für analoge wie digitale Poststücke über diesen Schreibtisch? Selbstredend (Urlaubs)grüße und Beschwerdeschreiben. Dazwischen gibt es nichts. Die Präsentation aus der umfangreichen Sammlung von Postkarten und E-Cards formt daraus einen Chor vereinzelter Stimmen, die uns aus einer anderen Welt erreichen – mit ihren banalen Mitteilungen und ihren verbitterten Schlaglichtern aus einer Welt der Dinge und Dienstleistungen, die einfach nicht funktionieren wollen.

Mit freundlicher Unterstützung des Bezirksamtes Altona.