Geburt
1989, Tötensen bei Hamburg
Konstituierende Sitzung von 5 Personen

Die anstehende Vollendung des ersten gemeinsamen Projekts, »Alles Neu« (ein Mockumercial für den Versandhauskatalog Die Moderne Hausfrau), führt zu nicht bedachten Problemen.
Die bis dahin noch namenlose Gruppe von Einzelpersonen muss eine Diskussion über den Umgang mit der Namensnennung führen. Im Laufe der Auseinandersetzung kristallisieren sich die gemeinsamen Ansätze und Absichten der Beteiligten heraus - allerdings auch die Unterschiede. Um gemeinsam reibungsfrei weiterzuarbeiten, wird ein Manifest (s.u.) formuliert, das eine Richtschnur für die Zukunft gibt. Der Name reproducts (bis 1999 RE-Products) mit dem Slogan „Vertrauen durch Sicherheit“ bedeutet den kleinsten gemeinsamen Nenner für alle Beteiligten und dient seitdem als Dach für die verschiedenen Produkte und Auftritte. Abweichende Projekte werden von den Mitgliedern unter anderen Namen veröffentlicht.

Das reproducts-Konzept, wie es am 1. Mai 1989 in Tötensen formuliert wurde:
„Ziel von reproducts ist es, durch die Wiederverwertung oder Aufarbeitung von vorhandenem medialen Material kollektive Traumata in persönlichen Schicksalen freizulegen, um diese für eine Allgemeinheit erkennbar und erlebbar zu machen.“
2019 liest sich das in einer digitalen Unternehmensbroschüre so:
reproducts: Auf externe Anforderung oder als interne Forschungsinvestition betreibt das in seiner Art einzigartige Unternehmen seit dem vorigen Jahrtausend Medienrecycling. Herzkammer ist das reproducts-Archivlabor (ehemals analog in Tötensen, seit der Volldigitalisierung 2005 in allen Wolken), wo im konkreten Zugriff seiner autorisierten Nutzer der jeweils aktuelle Schnittpunkt einer künstlerischen Gegenwart kreiert wird, die zwischen Vergangenheit und Zukunft schwingt. Meditationen über die Technikgläubigkeit der 50er, das Nazi-Trauma der späten 60er, die talkenden TV-Beichtstühle der 90er, die computerisierte Zukunft des Kurwesens oder die kommenden Jugendtrends 22. Jahrhunderts – das reproducts-Archivlabor ist ein Generator für Momentaufnahmen im Spiegeltunnel der Wechselwirkung von Bild und Abbild, von Medium und Welt im Auge des Betrachters.

Doch nicht alle erkennen wir.“
aus „odes à l'exces“ von Per Crustod
Nachtrag 2016:
Seltsam ist, was die Untersuchung dieses Polaroid-Fotos seitens der Spezialisten vom BKA ergab: Die schwarzen Balken sind weder nachträglich aufgetragen worden, noch befinden sie sich eingesetzt in der Filmschicht des Bildes – sie sind zweifelsfrei Bestandteil der dort abgebildeten Personen.
