Einsam vor Millionen
Kuppeleien von Je t'aime bis Heartbeat
Fernsehmuseum: Dating-Shows

Es ist Abend, der einzelne Zuschauer lehnt sich im Sofa zurück. Eine Hand greift nach Chips oder Süßigkeiten, die andere streichelt das Sofakissen oder die eigenen Schenkel. Gebannt starren die Augen auf die gläserne Trennscheibe hinter der andere Einzelwesen um Gesellschaft buhlen. Es ist die bittere Ironie des Fernsehens, dass es den Menschen, denen durch das solitäre Sehen ihre sozialen Kontakte abhanden kamen, zugleich ein Werkzeug bietet, um die verlassene Gemeinschaft wiederzufinden.


Seit Beginn des Fernsehens dienen Shows und Unterhaltungssendungen mehr oder weniger offen dazu, Anschluss zu finden, um den Sackbahnhof des eigenen Lebens endlich zu verlassen. Diese Maßnahme scheint besonders auf dem Sendegebiet der ehemaligen DDR notwendig zu sein. Je t'aime - Wer mit wem? war zwischen 1990 und 2001 mit Frank Liehr auf Sendung*. Der Moderator, der die ganze Regenbogenpalette an Kunstkaschmirsakkos der 80er sein eigen nennt, salbadert für jedes Töpfchen ein Deckelchen daher. Die Texte, die die alleinstehenden Kandidaten ablesen müssen, habe ihre ganz eigene, immer gleiche Diktion. So werden die Hilfesuchenden zu Abziehbildern eines kollektiven Schicksals.

Das Fernsehmuseum zeigt mehrere Folgen des Klassikers aus den letzten dreizehn Jahren. Als Gegenpol demonstrieren die Privatsender mit Sendungen wie Heartbeat auf Vox, dass Bettelei um Gesellschaft mit unheimlich komischen Filmchen, die irre spontan und selbstgedreht wirken, ganz wahnsinnig lustig sein kann.

Die Besucher des reproducts-Fernsehmuseums, die danach nicht mehr weiter wissen, leiten wir weiter an Google, die haben immer einen guten Tipp auf Lager …

(* bis ihn 2001 seine Stasi-Verstrickungen wieder einholten, ein lesenswerter Artikel zu Frank findet sich hier: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/herzlose-enttarnung)