Ausländer-Polizei

Zwischen Poncho und Janker

Fernsehmuseum: Serien: Krimi

Das Fernsehmuseum wagt einen Blick hinaus über die Grenzen des in Deutschland Denkbaren: Die California Highway Patrol, kurz CHiPs, und der Kriminaloberrat Stockinger zeigen, wie man in Amerika und Österreich dem Bösen an sich und in sich begegnet. Jedenfalls 1978 respektive 1996.

Die beiden Sendungen dieser Polizei-Serien scheinen auf den ersten Blick nichts gemein zu haben. Im Gegenteil: Sie verweisen ausgesprochen antithetisch aufeinander. CHiPs ist eine Cop-Serie im klassischen Stile. Sie spielt in Kalifornien, und ihre Protagonisten tragen hautenge, durchfallfarbene Uniformen, in denen sie mit ihren Sadohomostiefeln auf breithintrigen Harley Davidsons durch die trockenen Täler des amerikanischen Grenzlandes tuckern. Sie müssen sich Tag für Tag dem Raserei-Wahnsinn von über 80 Meilen pro Stunde stellen. Ungesichertes Frachtgut auf Pick-ups, an Autobahnrasten vergessene Babys und abgefahrene Pneus sind für sie der schonungslose Alltag. Stockinger dagegen ist ein hagerer Einzelgänger in schlabbrigen Buchhalterklamotten, der in den mystischen Höhenlagen der Alpenrepublik mit seltsamen Mordfällen betraut ist. Er kurvt mit seinem VW-Variant durch die saftig-grüne Bergwelt und trifft auf eine Melange aus grantelnden Gaunern und schratigen Chargen. Dabei sind sein Auge wie sein Verstand messerscharf. Er gibt nur kleine Hilfestellungen, damit sich die Missetäter selbst ans Messer liefern. Seine Fälle sind intelligent, ja spannend inszeniert und mit einem für das Genre ungewöhnlichen Humor versehen – Columbo trifft auf Kottan.

Doch auch jenseits dieser grundsätzlichen Gegensätze warten die ausgewählten Episoden mit weiteren Antithesen auf. In »Endstation Hallstatt«(1996) geht es um einen Mann, der nach einem Attentat auf ihn in Bad Ischl (Sissi, ick hör Dir trapsen!), lieber sich selbst operiert, als in ein Krankenhaus zu gehen. Stockinger nimmt die eitrige Spur auf und fördert Absonderliches aus menschlichen Abgründen zutage. In »Höhen und Tiefen« (1978) werden dagegen – wie immer bei CHiPs – zahlreiche Handlungsfäden komplex miteinander verwoben: Fitnessprobleme, Frust auf dem Revier, ein Disco-Fox-Wettbewerb und vor allem eine Geburt auf einer Tanzfläche. Ponch und Jon stehen am Beginn der zweiten Staffel und sind sehr unzufrieden mit ihrem Job. Keiner mag die beiden Motorradbullen, die Bezahlung ist schlecht und der Kampf gegen das motorisierte Verbrechen praktisch aussichtlos. Erst als sie als Maßnahme gegen den Frust an einem Disco-Fox-Wettbewerb teilnehmen, für den sie sich mit Joggen fit machen, wissen sie wieder, was sie an ihrem Beruf haben, als sie ein Kind auf der Tanzfläche entbinden. Man sieht: Stockinger präsentiert ein geradliniges Murder-Mystery, CHiPs führt uns in die innerweltlichen Zwiespälte eines Gesetzeshüters zwischen Pflicht und Leidenschaft hinein.

Epilog: Treue Freunde von Kommissar Rex wissen, dass „Stocki“, wie ihn seine Kollegen nennen, ein Spin-off der gleichnamigen Serie ist. Er war dort zunächst nur eine Nebenfigur, doch die Autoren erkannten das große Potential, das vor allem durch den Darsteller Stockingers, Karl Markovics, bereitgestellt wurde. Wie in der Serienwelt baut sich auch hier ein krasser Gegensatz in der Realität auf. Markovics hat „Stocki“ nach einer Staffel inhumiert, wie der Wiener sagt. Er ist leidenschaftlicher und erfolgreicher Theaterschauspieler und möchte das gern bleiben. Erik Estrada hingegen, Darsteller des Francis "Frank" Llewellyn "Ponch" Poncherello hat außer dieser Serienrolle in 139 Folgen (sechs Staffeln) nie eine andere „richtige“ Rolle bekommen (außer ein paar Gastauftritten in anderen Serien). Begonnen hatte er ursprünglich als Darsteller in Softpornos (»Children of the Horny Corn«), sein Ende ist zur Zeit in Dauerwerbesendungen zu sehen, wo er, stark aufgedunsen, Bauchtrainer präsentiert. Seine großen Hoffnungen setzte Estrada in den 1998 gedrehten TV-Film »CHiPs ’99«. Sie sollten sich nicht erfüllen. Erik-Michael Estrada von O-Town ist übrigens nicht sein Sohn.

Wir werden sehen!