13.07.2016

Hundekot, schön harten?!

TV-Archiv reproducts:
»Unterbewusstes Fernsehen«

Wim Thoelke und Max Otto Bruker in:
Der Große Preis, 1991

Ein zentraler Bestand im Archiv von reproducts stellen die Objekte dar, in denen sich innerhalb der strengen Formen medialer Formate für einen Moment in die öffentliche Äußerung etwas ganz Privates drängt. Das Fernsehen, allzumal das Live-TV, sind für solche Momente prädestiniert. Geschriebenes bietet viel mehr Reaktionszeit, um etwas zu revidieren, oder der Text geht ohnehin durch so viele Filterschichten, dass diese Momente leicht beseitigt werden können. Und das gilt, wenn auch mit deutlichen Einschränkungen, selbst noch für digitale Schrift-Veröffentlichungen im Netz. Im bewegten Bild aber – wie Fernsehen, zum Beispiel im Rahmen einer Spielshow –, drücken sich diese Statements einfach so aus den Gehirnwindungen der Menschen heraus. Und dann liegt die Wurst da!

So erging es 1991 auch Wim Thoelke bei seiner Fernsehshow Der Große Preis. Da ist dieser unumstrittene Experte für Ernährungsfragen, Dr. Max Otto Bruker im Studio. Er selbst ist der lebende Beweis für die Zukunftsträchtigkeit seiner Anschauungen in Sachen „richtiges Essen“. Dass hier jedoch neben dem fachsimpelnden Geplänkel in der Studio-Deko „Marktküche“ irgend etwas Seltsames passiert, als Big Wim die Frage nach der Toxizität von Hundekotverzehr stellt, deuten drei Indizien an: die begleitende Handbewegung beim Sprechen, die den imaginierten Hundekot zu den erwartungsvoll gespitzten Lippen führt, die nachgesetzte und höchstgradig überflüssige Beschreibung desselben als „schön harten“ und schließlich der befreiende Ruf in alle Welt, dass der Experte „kein Fanatiker!!“ sei. Man möchte geradezu vervollständigen: „… wie die anderen Ärzte und Fachleute, die ich zu dem Thema befragt habe, und die alle absolut orthodoxe, verbohrte Ansichten hatten, die das Verzehren von Hundekot von vornherein total ablehnen – und mir damit Angst machten!!“

(Und natürlich steht am Beginn einer solchen weit aus dem Fenster lehnenden Interpretation eine gewisse Annahme, die den Boden bereitet. Hier sind es die zahllosen Geschichten und Gerüchte, die sich um die Ikonen einer Gesellschaft in ihrer psychohygienischen Funktion als Toilettenobjekt des kollektiven Unterbewussten ranken. Die Fernsehshow-Gastgeber und Quizmoderatoren dieser Jahrzehnte, als das Medium Fernsehen noch eine gesamtgesellschaftliche Funktion hatte, sind solche Ikonen. Dazu an anderer Stelle einmal mehr.)