Arco: Die feine Glätte seines entborsteten Kinns steht in krassem Gegensatz zu der animalischen Struppigkeit seines Wolfspelzes. Er dünstet eine natürliche Dominanz aus, die von seiner schwitzigen Fellkrone emporsteigt. Fast möchte es scheinen, als könnte Arco in diesem Berg aus Haaren verschwinden, aber seine entschlossene Rechte zwingt die Form mit eisernem Griff und zeigt unmissverständlich, wer der Herr in seiner Haut ist.
Senta – sie kann Stunden nur vor dem Spiegel verbringen und sich in die feinen Linien der gebürsteten Haare verlieren. Immer wieder knipst sie die Beleuchtung an und aus, um das Wechselspiel von Licht und Schatten in ihrem schönsten Stück zu betrachten. Ein Wintertraum, gefertigt aus einer ganzen Waschbären-Strecke, die ein leidenschaftlicher Jäger nur für sie erlegt hat.
Ozelot verbrämt mit einer Nerzbordüre – ein Material, das auf Bonnies Finger eine magische Anziehungskraft auszuüben scheint. Andere entrückt die makellose Zeichnung ihres Rückens im Spiegel ob der wundersamen Verschmelzung von Haaren des Lebens, die selbst nur abgestorbene Zellen sind, mit den Haaren des Toten, die ihnen damit so ähnlich sind, dass die Grenze zwischen diesen Welten nicht mehr auszumachen ist. Bonnie könnte all dies wissen, doch ihre Finger fahren im selbstvergessenen Spiel unablässig die Mantelkante langsam herauf – und noch langsamer wieder herab.
Scarlett – so jung und ihrer Leidenschaft doch schon so ergeben. Erst ein nur widerwillig angetretenes Praktikum auf der „Fur and Fashion“ in Leipzig, doch es sollte die von nun an lebensbestimmende Begegnung mit ihren vielgestaltigen Seelenverwandten sein. Begleiter, die sie in ihren häufigen und harschen Stimmungswechseln nie verlassen. Manchmal verspielt und neugierig wie der Skunk, aus dessen Schwanzhaaren diese Sinfonie aus Schwarz und Weiß gekürschnert wurde – das steht Scarlett heute gut zu Gesicht.
Immer vergnügt und ihren Luxuskörper behängt mit den edelsten Robenfellen – so steht gern Dana im Mittelpunkt illustrer Gesellschaften. Aber auch stundenlange Fachsimpeleien sind ebenso ihre Leidenschaft: Keiner weiß besser Bescheid über die Länge von Wammen- und Wollhaar beim Naturbisam oder kann Schönfärberei mit Grünspan, Galläpfeln und Eisenvitriol unfehlbarer entlarven. Um sich von solcher Beutelschneiderei nicht um die Kraft des Wahrhaftigen betrügen zu lassen, setzt Dana stets ihre ganze Haut ein, die sie ohne die störende Barriere von pflanzlichen Fasern oder chemischen Gittern in direkten Kontakt mit der Haut des anderen bringt.
Mit dem Rücken vor der Wand, so steht Leika da – und trotzdem als alleinige Entscheiderin über das Mehr der Möglichkeiten, die einer Gewinnerin wie ihr offenstehen. Für die Zurückgelassenen und Nachtrottenden bleibt nur ein spöttisch-angewidertes Lächeln. Sie ist unangreifbar und weiß um ihre Macht. Ihr Schutz ist der Biber, warm und weich, der beharrlich nagend ganze Wälder überflutet und zu seinem Königreich zu stauen weiß.
So selten, so wertvoll, dass es die junge Frau noch gar nicht fassen kann, welchen Zauber ihre Sinne erleben dürfen. Die Chinchillas von der anderen Seite der Erde schmiegen sich wie ein Chor an den glatten, haarlosen Körper und singen Scarlett zu Ehren ein Hohelied auf ihre Schönheit.
So unfehlbar ihr Urteil über Art und Beschaffenheit eines Pelzes ist, wird Dana dennoch immer wieder einmal Opfer ihrer grenzenlosen Faszination für das einzigartige Material. Unwohlsein überfällt sie – das Stück ist zu kurz geraten und lässt über ihren schweinsledern umgürteten Schenkeln den kalten Hauch der Unbehaustheit um ihre Knie wehen. Hilflos suchen ihre Hände Halt und finden in dem einstigen Kleid der nordamerikanischen Beutelratte doch keine Taschen.
In den ersten Jahren seines Erwachsenenlebens war Arco allzeit ergriffen vom unbändigen Überschwang jugendlichen Lebens. Unsterblich, allen Gefahren mit breiter Brust trotzend. Edelste Felle ungeborener Lämmer, mit einem Messer der Mutter aus dem Bauch geschnitten und im Zenit der Kraft des Lebens gehäutet. Ein Glanz der Macht in den feinen, schwarzen Persianer-Locken, den Arco intuitiv wahrnahm und fortan besessen war davon.
Es ist nicht nur der Wunsch, dem Besiegten ähnlich zu werden, um die unausweichliche Schuld der Lebensnahme auf höherer Ebene zu tilgen. Für Dana ist es eine ganz selbstverständliche Respektsbekundung gegenüber den Zobeln, die einst den Zaren als Währung galten, immer eine im Farbton passende Perücke zu ihren fellenen Gewändern zu tragen.
Scarlett liebt es, wenn ihre Garderobe eine Geschichte zu erzählen weiß. Wie dieser Mantel aus zahllosen Maulwurfsfellen, auf denen ihr einstiger Feind, der schottische Silberfuchs, nun als zahmer Kragen ruht wie ein Kätzchen, das mit untergekuschelten Pfoten am Fenster blinzelnd schnurrt und wartet, dass in der Küche das vertraute Träufeln leckerer Milch ertönt.