Eigenblutrache
Der Fluch der Serie
Fernsehfriedhof.de - Z-Bar Berlin - 3. April 2017, 20 Uhr

Wer kennt sie nicht – die Waltons?! Tief eingegraben in das kollektive Bewusstsein der Fernsehzuschauer. Aber nicht nur dort! Auch in den Köpfen der Serien-Autoren. Und natürlich auch in den realen Karrieren der Schauspieler. Der Fernsehfriedhof.de zeigt in dieser Materialisierung der Sozialen Plastik des gemeinsamen Fernsehens, wie sich die verschiedenen Betroffenen daran abarbeiten. Richard Thomas – der ewige John Boy – wagt 2001 einen Befreiungsschlag und gibt einen frauenhassenden Serienmörder in Law and Order. Selbstredend gescheitert, denn die Autoren führen seinen Wahnsinn auf seine bibeltreue Herkunft zurück und lassen ihn einfach nicht raus aus seiner Zwangsjacke der gottesfürchtigen Rechtschaffenheit. Genauso und dennoch umgekehrt ergeht es Vater Walton, Ralph Waite. Die Autoren von Carnivàle machen ihn zum Ziehvater des Teufels schlechthin. Und damit nicht genug! Gelähmt von einem Schlaganfall muss er Grausamkeiten perfidester Art und sexuelle Demütigungen bewegungsunfähig sabbernd über sich ergehen lassen. Aber auch an aufstrebenden Gaststars wie Paul Michael Glaser – dem späteren Starsky von Starsky und Hutch – geht der kurze Besuch in Waltons Mountain nicht spurlos vorüber …
In dem Bouquet aus zwei kompletten Folgen (Die Waltons und Carnivàle) und einigen Ausschnitten huldigt der Fernsehfriedhof.de der Tatsache, dass man sich im Mutterland der Serien all dieser Dinge bewusst ist und das Wissen in die Schöpfung neuer Formate einfließen lässt. Ein achterbahnmäßiges Beispiel dafür, wie Fernsehen sein kann, wenn es sich selbst ernst nimmt und anfängt, mit seinen Erinnerungen zu jonglieren.